(Auszug – deutsche Übersetzung KVPM Deutschland e.V.)

Vereinte Nationen                                         A/HRC/43/13
Generalversammlung                                   Allgem. Verteilung

1. Juli 2020

 

Menschenrechtsrat
43. Sitzung
24. Februar – 20. März und 15. – 23. Juni 2020
Agenda Punkt 3
Förderung und Schutz aller Menschenrechte, zivilen
politischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Rechte
einschließlich des Rechts auf Entwicklung

 

Resolution verabschiedet vom Menschenrechtsrat am 19. Juni 2020

 

43/13.              Psychische Gesundheit und Menschenrechte

 

Der Menschenrechtsrat,

...

6. fordert die Staaten nachdrücklich auf, aktive Schritte zu unternehmen, um eine Menschenrechtsperspektive vollständig in die Psychiatrie und die sozialpsychiatrischen Dienste zu integrieren und gegebenenfalls alle bestehenden Gesetze, Richtlinien und Praktiken anzunehmen, umzusetzen, zu aktualisieren, zu verstärken oder zu überwachen, um alle Formen der Diskriminierung, Stigmatisierung, Stereotypen, Vorurteile, Gewalt, Missbrauch, sozialen Ausgrenzung und Absonderung zu beseitigen, rechtswidrige oder willkürliche Freiheitsberaubung und Einweisung sowie Übermedikamentierung in diesem Zusammenhang, und zur Förderung des Rechts von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder psychosozialen Behinderungen auf ein unabhängiges Leben, auf volle Eingliederung und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft, auf Entscheidung über sie betreffende Angelegenheiten und auf Achtung ihrer Würde auf gleicher Grundlage wie andere;

7. fordert die Staaten ferner nachdrücklich auf, einen Paradigmenwechsel im Bereich der psychischen Gesundheit zu fördern, unter anderem in den Bereichen klinische Praxis, Politik, Forschung, medizinische Ausbildung und Investitionen, und zwar durch die Förderung gemeinschafts-, evidenz- und menschenrechtsbasierter sowie auf den Menschen ausgerichteter Dienste und Unterstützung, die die Wahrnehmung dieser Rechte schützen, fördern und achten, Autonomie, Wille und Präferenzen aller Personen, u.a. durch die Bereitstellung einer Reihe freiwillig unterstützter Entscheidungsmechanismen, wie z.B. Unterstützung durch Gleichaltrige und Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch und ungebührliche Beeinflussung innerhalb von Unterstützungsvereinbarungen, gegenüber einem Modell, das auf der Dominanz biomedizinischer Interventionen, Zwang, Medikamentierung und Hospitalisierung beruht;

8. fordert die Staaten auf, alle Praktiken und Behandlungen aufzugeben, bei denen die Rechte, die Autonomie, der Wille und die Präferenzen aller Personen nicht gleichberechtigt mit anderen respektiert werden und die zu Machtungleichgewichten, Stigmatisierung, Diskriminierung, Schaden und Menschenrechtsverletzungen und -missbrauch in psychiatrischen Einrichtungen führen;

9. fordert die Staaten ferner auf, sicherzustellen, dass Menschen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen, einschließlich der Nutzer psychosozialer Dienste, gleichberechtigt mit anderen Zugang zur Justiz haben, unter anderem durch die Bereitstellung von verfahrenstechnischen und altersgerechten Unterkünften;

10. fordert die Staaten nachdrücklich auf, sich mit den zugrunde liegenden sozialen, wirtschaftlichen und umweltbedingten Gesundheitsdeterminanten zu befassen und sich ganzheitlich mit dem Spektrum der Barrieren auseinanderzusetzen, die sich aus Ungleichheit und Diskriminierung ergeben und die den vollen Genuss der Menschenrechte im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit behindern;

11. ermutigt die Staaten nachdrücklich, sektorübergreifende Strategien zur Förderung der psychischen Gesundheit zu entwickeln, die öffentliche Strategien zur Verhütung von Ungleichheit, Diskriminierung und Gewalt in allen Bereichen umfassen und gewaltfreie und respektvolle Beziehungen zwischen Mitgliedern von Gesellschaften und Gemeinschaften fördern und das gegenseitige Vertrauen zwischen Behörden, Einzelpersonen und der Zivilgesellschaft stärken;

12. fordert die Staaten nachdrücklich auf, Präventionsstrategien zur Bekämpfung von Depressionen und Selbstmord zu verabschieden, wie etwa eine Gesundheitspolitik, die die Menschenrechte achtet und sich darauf konzentriert, die bestimmenden Faktoren anzugehen, Lebenskompetenzen und Widerstandsfähigkeit zu verbessern, soziale Bindungen und gesunde Beziehungen zu fördern und eine Übermedikation zu vermeiden;


13. fordert die Staaten auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass Angehörige der Gesundheitsberufe Personen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen - insbesondere Personen, die psychosoziale Dienste in Anspruch nehmen - Pflege und Unterstützung in gleicher Qualität wie anderen Menschen zukommen lassen, auch auf der Grundlage der freien und informierten Einwilligung, indem sie unter anderem das Bewusstsein für die Menschenrechte, die Würde, die Autonomie und die Bedürfnisse dieser Personen durch Ausbildung und die Verkündung ethischer Normen für die öffentliche und private Gesundheitsversorgung schärfen;

14. ermutigt die Staaten nachdrücklich, Menschen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen dabei zu unterstützen, sich selbst zu befähigen, ihre Rechte zu kennen und einzufordern, unter anderem durch Förderung der Gesundheits- und Menschenrechtskompetenz, Menschenrechtserziehung und -ausbildung für Gesundheits- und Sozialarbeiter, Polizei, Vollzugsbeamte, Gefängnispersonal und andere einschlägige Berufe unter besonderer Berücksichtigung der Nichtdiskriminierung, der freien und informierten Zustimmung und der Achtung des Willens und der Präferenzen aller, der Vertraulichkeit und der Privatsphäre sowie des Austauschs bewährter Praktiken in dieser Hinsicht;

15. legt den Staaten nahe, die wirksame, volle und sinnvolle Beteiligung von Menschen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen und ihrer Organisationen an der Gestaltung, Durchführung und Überwachung von Gesetzen, Strategien, Diensten und Programmen zu fördern, die für die Verwirklichung des Rechts eines jeden auf das erreichbare Höchstmaß an psychischer Gesundheit von Belang sind;

16. anerkennt die Notwendigkeit, die Einbeziehung einer Menschenrechtsperspektive in die psychische Gesundheit in allen einschlägigen öffentlichen Richtlinien zu fördern;

17. legt den Staaten nahe, Ländern, die Strategien, Pläne, Gesetze und Dienste zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte von Menschen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen entwickeln und umsetzen, im Einklang mit dieser Resolution in Absprache mit den betreffenden Ländern und mit deren Zustimmung technische Unterstützung und den Aufbau von Kapazitäten durch internationale Zusammenarbeit zu gewähren;

18. ersucht die Hochkommissarin, im Jahr 2021 und spätestens bis zur 74. Tagung der Weltgesundheitsversammlung eine eintägige Konsultation zu organisieren, um die besten Wege zur Harmonisierung der nationalen Gesetze, Strategien und Praktiken im Bereich der psychischen Gesundheit mit den Normen der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu erörtern;

19. ersucht die Hochkommissarin ferner, die oben erwähnte Konsultation mit allen Diensten und Einrichtungen auszustatten, die zur Erfüllung seiner Aktivitäten erforderlich sind, unter anderem dadurch, dass die Diskussionen für Menschen mit Behinderungen uneingeschränkt zugänglich gemacht werden;

20. ersucht die Hochkommissarin ferner, die Mitgliedstaaten und alle anderen Beteiligten, einschließlich der einschlägigen Organe, Agenturen, Fonds und Programme der Vereinten Nationen, insbesondere der Weltgesundheitsorganisation, der Sonderverfahren des Menschenrechtsrates, insbesondere des Sonderberichterstatters über das Recht eines jeden Menschen auf das erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit, des Sonderberichterstatters über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und des Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, der Vertragsorgane, der nationalen Menschenrechtsinstitutionen und der Zivilgesellschaft zu den Konsultationen einzuladen;

21. ersucht die Hochkommissarin, Menschen mit psychischen Gesundheitszuständen oder psychosozialen Behinderungen, einschließlich Personen, die psychosoziale Dienste in Anspruch nehmen, und ihre Organisationen einzuladen und ihre aktive Beteiligung an der Konsultation sicherzustellen, wobei sie sich der zentralen Rolle, die sie spielen, und ihres historischen Ausschlusses von Entscheidungsprozessen bewusst sein sollten;

22. ersucht die Hochkommissarin ferner, einen Bericht über das Ergebnis der Konsultation mit Empfehlungen für die Staaten und alle anderen relevanten Interessengruppen, einschließlich der Angehörigen der Gesundheitsberufe, darüber auszuarbeiten, wie Gesetze, Politiken und Praktiken im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit gegebenenfalls mit den Normen der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Einklang gebracht und wie sie umgesetzt werden können, und den Bericht dem Menschenrechtsrat auf seiner neunundvierzigsten Tagung vorzulegen;

23. beschließt, die Angelegenheit weiter zu verfolgen.

44. Treffen
19. Juni 2020

[Ohne Abstimmung verabschiedet.]

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Quelle der englischen Originaldatei:                           https://undocs.org/A/HRC/RES/43/13