Elektroschocks in Deutschlands Anstalten: Behandlung oder Folter?

Menschenrechtsverein fordert Auskunft von hessischen Kliniken über Nebenwirkungen und Todesfälle nach psychiatrischer E-Schock Behandlung

 

26. September 2021

 

Frankfurt: Die Ortsgruppe Frankfurt des Vereins Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. (KVPM) fordert von zehn psychiatrischen Anstalten in Hessen die Herausgabe der Zahl der Elektroschockbehandlungen pro Jahr, die Zahl der Schwangeren, die geschockt wurden und die Anzahl der verstorbenen Patienten nach dieser Behandlung. Die Menschenrechtsgruppe beruft sich dabei auf das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG). Bis zum 20. Oktober 2021 erwartet der Verein die Antworten.

In Deutschland behandeln über 150 psychiatrische Kliniken ihre Patienten mit der umstrittenen Elektrokrampftherapie (EKT). Die genaue Zahl ist öffentlich nicht zugänglich. 2016 waren es ca. 5.700 Patienten, siebenmal mehr als 40 Jahre zuvor. Schon damals machte die KVPM die Schäden öffentlich.

Bernd Trepping, Sprecher der KVPM Deutschland: „Wir fordern ein Verbot der Elektroschockbehandlung. Dazu muss transparent gemacht werden, was in unseren Kliniken vor sich geht. Es gibt keine einheitliche Dokumentationspflicht für Anstalten. Psychiater räumen weltweit freimütig ein, dass ihnen die Wirkmechanismen des Elektroschocks nicht bekannt sind. Trotzdem rufen Psychiatrie-Verbände dazu auf, ihre Patienten noch öfter als bisher zu schocken.“

Für einen Schock wird der Patient narkotisiert, ihm wird ein muskellähmendes Mittel verabreicht, er wird künstlich beatmet und dann wird eine Spannung bis zu 460 Volt an seinen Schläfen angelegt, um mit Strom einen künstlichen epileptischen Krampfanfall im Hirn auszulösen.
EKT-Patienten erhalten eine Serie von 8 bis 12 Schocks. Einige erhalten auch wesentlich mehr. Das menschliche Gehirn steuert den Körper mit mehr als fünf Billionen Signalen pro Sekunde. Es vollbringt diese Leistung mit nur einem Achtel der Stromstärke einer Uhrenbatterie. Eine EKT-Behandlung greift das Gehirn mit der 2.300-fachen Energie an, die es zum funktionieren braucht, was zu einem schweren Trauma führt. Nebenwirkungen beinhalten Gedächtnisverlust, Hirnschäden, Herzinfarkt und einen steilen Abfall des IQs. E-Schock Überlebende beklagen sich bei unseren Vereinen, weil sie durch EKT zu Invaliden wurden. E-Schocks sind ein schwerer Betrug der Psychiatrie und Folter.

Die KVPM Frankfurt fordert Auskunft über die jährlichen Zahlen der:
- Verstorbenen in den psychiatrischen Kliniken, nebst Todesursache,
- Zwangseinweisungen,
- Fixierungen, sowie Auskunft über die Dauer der Fixierungen,
- Patienten, die gegen den Willen mit Psychopharmaka behandelt wurden (welches Medikament, Dosierung und Dauer)
- Patienten, die Elektrokrampftherapie erhielten, deren Alter, die Anzahl der Schocks, den Namen des Herstellers des Schockgeräts, die Zahl der Patienten, die danach verstarben, die Zahl der schwangeren Patienten, die der EKT unterzogen wurden und natürlich Auskunft über die Nebenwirkungen, die aufgetreten sind.

Folgende psychiatrische Kliniken und Abteilungen wurden von der KVPM aufgefordert, die Daten offen zu legen:

- Agaplesion Markus Krankenhaus Frankfurter Diakonie Kliniken GmbH
- Asklepios Klinik Langen
- Klinikum Frankfurt Höchst
- Krankenhaus Eichhofstiftung Lauterbach
- Capio Mathilden-Hospital Büdingen
- SCIVIAS Gmbh St. Valentinus Bad Soden
- SCIVIAS gGmbh St. Valentinus Kiedrich
- Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
- Vitos Klinikum Heppenheim
- Krankenhaus Schlüchtern

Stefan Majer, Gesundheitsdezenent der Stadt Frankfurt, wurde diese Woche von der KVPM Deutschland e.V. schriftlich über die Forderungen in Kenntnis gesetzt.

Am vergangenen Wochenende (18.09.2021) hatten Mitglieder der KVPM ihrer Datenanfrage mit Hilfe einer Protestkundgebung durch die Frankfurter City Nachdruck verliehen. Dazu skandierten Mitglieder und Betroffene der KVPM mit einem eindrucksvollen Protestzug mit Elektroschock-Verbotsschildern, schwarzen Luftballons und mit 4 übergroßen, Elektroschockgerät-Attrappen durch die Innenstadt zur Hauptwache.
Um der Bevölkerung zu demonstrieren, welche unmenschlichen Szenen sich täglich hinter den Mauern deutscher Psychiatrien abspielen, „schockten“ vier als Psychiater maskierte Aktivisten vier als Patienten verkleidete Statisten. Passanten waren durchweg ungläubig und empört, wenn sie hörten, dass heute immer noch Hilfesuchenden in der Psychiatrie bis zu 460 Volt durch die Schläfen gejagt werden. „Der Wahnsinn geht sogar so weit, dass Psychiater schwangere Patienten schocken, um das ungeborene Leben vor den Nebenwirkungen von Psychopharmaka 'zu schützen', welche der Schwangeren andernfalls verabreicht würden“, so Trepping.

Hier sind 15 frei verwendbare Fotos der KVPM von der Protestveranstaltung in Frankfurt am 18.09.2021:
https://www.kvpm.de/pressemitteilungen/2021-09-18-frankfurt-ekt-protest-kvpm-freigegebene-bilder

Online stellt die KVPM auch den Dokumentarfilm:"Therapie oder Folter – Die Fakten über Elektroschock" zur Verfügung.
https://www.cchr.de/ban-ect/watch/therapy-or-torture-the-truth-about-electroshock.html
Experten und Betroffene legen darin über die schädigenden und potentiell tödlichen Auswirkungen dieser veralteten Praktik Zeugnis ab.

2018 wurden die Regierungen in einem Bericht des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen über „Geistige Gesundheit und Menschenrechte“  dazu aufgerufen, psychiatrische Zwangsbehandlung, einschließlich Elektrokonvulsionstherapie (EKT) „als Praktiken zu erkennen, die Folter oder eine andere unmenschliche oder degradierende Behandlung oder Bestrafung darstellen ...“

Für weitere Informationen:
Bernd Trepping oder Nicola Cramer
Sprecher(in) KVPM Deutschland e.V.
Tel. 0178 - 613 74 67 oder 0178 - 540 47 35

 

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Die KVPM Deutschland e.V. ist Teil des weltweit größten Netzwerks zur
Aufdeckung von Missbräuchen und Korruption im psychiatrischen System.