Menschenrechtskommission unternimmt erste Vorstöße bei Heimleitungen und Anstalten

 

8.3.1976

 

Nachdem bisherige Vorstöße scheiterten, ergeben sich jetzt um den Altenheimskandal in Waiblingen die ersten Ansätze für konkrete Bemühungen, den Insassen psychiatrischer Anstalten mehr Rechte zu verschaffen.

 

In einem Schreiben an die Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V. hatte die SPD-Landtagsfraktion dem Vorstoß für eine unabhängige Beschwerdestelle ihre Unterstützung zugesichert. Sie weist darauf hin, dass sie bereits in den letzten zwei Jahren vergeblich eine bessere Kontrolle im Bereich der Psychiatrie durch das Einsetzen von Patientenanwälten gefordert hatte. Durch die ergebnislosen Bemühungen veranlasst, will die Kommission jetzt erst einmal direkte Verbindungen mit den Heim- und Anstaltsleitungen im Kreis Waiblingen und in der näheren Umgebung von Stuttgart aufnehmen. In Gesprächen mit den Anstaltsleitungen will sie deren Bereitwilligkeit zur Schaffung einer neutralen Instanz sondieren, welche die jeweiligen Beschwerden, Wünsche und Probleme von Anstaltsinsassen aufgreift und für die Beseitigung von Missständen sorgen soll. Ferner will die Kommission die Anstalten und Pflegeheime mit den jüngsten Umfrageergebnissen konfrontieren, die zeigen, dass die Öffentlichkeit - durch die immer wiederkehrenden Missstände und Misshandlungen an psychisch Kranken aufgerüttelt - keineswegs das notwendige Vertrauen den psychiatrischen Versorgungseinrichtungen entgegenbringt.

 

Die Kommission meint, dass die Kritik an den psychiatrischen Anstalten in der Öffentlichkeit nicht zu Unrecht besteht, gerade weil sie es bisher versäumt haben, die Wahrung der Rechte psychisch Kranker durch unabhängige Gremien zu ermöglichen, wie das für einen freien Bürger in der Gesellschaft jederzeit möglich ist. Wenn die Psychiatrie nicht selbst die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz in Form von Patientenanwälten und die externe Kontrolle durch Begehungskommissionen als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben ansieht, dann ist die Tatsache durchaus nicht verwunderlich, wenn weit mehr als die Hälfte der Bevölkerung ihr das Vertrauen - und das zurecht - entzieht. Denn, so ein Sprecher der Kommission: "Jeder Tierschutzverein tut mehr für einen gequälten Hund. Für die Rechte psychisch Kranker tut man nichts ?.."

 

Auch Ministerpräsident Filbinger übermittelte der Kommission sein Interesse an den von der Kommission unterbreiteten Vorschlägen zu einer besseren Sicherung des persönlichen Rechtsstatus psychisch Kranker. In seinem Schreiben heißt es, auch er sei der Auffassung, dass die besondere Lage psychisch Kranker immer neue Anstrengungen erfordere, um diesen Menschen ein menschenwürdiges Leben zu sichern und ihre persönliche Rechtssphäre zu schützen.

 

Die Kommission fasst den derzeitigen Zustand folgendermaßen zusammen: "Das gestörte Vertrauensverhältnis zwischen dem Psychiater und seinem Patienten beweist, dass die Einstellung der Psychiatrie gegenüber den ihr anvertrauten Menschen neu überdacht werden und eine innere Reform unbedingt vor einer äußeren erfolgen muss. Die persönliche Rechtssphäre des psychisch Kranken darf nicht länger mit Füßen getreten werden, sondern hat unbedingten Vorrang".

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.