Normales oder gestörtes Verhalten?

 

München, den 19. 2. 1978

 

Wann gilt ein Kind oder ein Jugendlicher als verhaltensgestört; wer setzt die Normen dafür und nach welchen Kriterien? Das waren die zentralen Fragen bei einer Konferenz mit multiprofessioneller Beteiligung, die am Wochenende in München stattfand und zu der die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." eingeladen hatte.

 
Mit Bedauern wurde dazu festgestellt, dass von verschiedenen Kinder- und Jugendpsychiatern Zahlen in die Welt gesetzt wurden, wonach jedes fünfte, ja sogar schon jedes dritte Schulkind an Verhaltensstörungen leide oder psychisch auffällig sei. Wenn nämlich Experten derart gewagte Bewertungen anstellen und damit praktisch den Großteil einer ganzen Generation als "gestört" abstempeln, kann dies verursachen, dass Eltern und Lehrer im höchsten Maße beim Umgang mit Kindern und Jugendlichen verunsichert werden.

 

Einen breiten Raum in der Diskussion nahm die umstrittene Pharmakabehandlung von Kindern und Jugendlichen bei Erziehungsproblemen ein. In diesem Zusammenhang ist ein Aspekt von besonderer Wichtigkeit:inwieweit beeinträchtigen Psychostimulantia die Lernfähigkeit, d. h. ist der Betroffene in der Lage Daten aufzunehmen und vor allem auch zu behalten? Eine Ärztin gab dabei zu bedenken, dass hierüber Tierexperimente, die zur Erprobung von Medikamenten durchgeführt werden, keinerlei Aufschluss bringen können. Der direkte Versuch an Kindern und Jugendlichen ist abzulehnen, da es sich dabei um ein Experimentieren handelt.

 

Die Konferenzteilnehmer waren sich darüber einig, wie eminent wichtig es ist, sich für die Rechte von Kindern und Jugendlichen in psychiatrischen Einrichtungen einzusetzen. Enthüllungen des Stern-Magazins über die - inzwischen aufgelöste - Kinderpsychiatrie im Nervenkrankenhaus Haar bei München haben gezeigt, was in diesem Bereich alles möglich ist.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.