Kommission über gefährliche Drogenbehandlung für Schulkinder besorgt

 

Landtagsabgeordnete aller Parteien schalten sich ein

 

München, den 3. 5 1978

 

"Werden Schüler unter Drogen gesetzt, um Gehorsam zu erreichen?", ist das Thema einer detaillierten Sachvorlage, die von der "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." erarbeitet und jetzt auf einer Pressekonferenz in München veröffentlicht wurde. Zugleich warnten Experten und sachkundige Politiker, die an der Pressekonferenz teilnahmen, vor dem Einsatz von Psychostimulantia für verhaltensauffällige Schulkinder.

 

Wie aus der Sachvorlage der Kommission hervorgeht, bekamen in den USA sogenannte "hyperaktive" Kinder seit Jahrzehnten Amphetamine (Mittel, die aus der Drogenszene als "Speed" oder "pep-pills" bekannt sind, aber bei Kindern dämpfend wirken) verordnet. Anfang der 70er Jahre stellte sich dann heraus, welche erschreckenden Ausmaße die Drogenverabreichung angenommen hatte. Hunderttausende von Schulkindern wuchsen zu "Pillenzöglingen" heran, ohne dass die Öffentlichkeit davon wusste. Man sprach nicht zu unrecht von "chemischer Kriegsführung gegen amerikanische Kinder". Ein Sprecher des Pharmakakonzerns Ciba-Geigy räumte ein, dass seine Firma allein 1970 243 Millionen Ritalin Tabletten (eines der Amphetaminpräparate) verkaufte und dafür 11 Millionen Dollar einnahm. Beinahe die Hälfte dieser Produktion wurde "hyperaktiven" Kindern verabreicht. In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass für einen Großteil der Kinder Nebenwirkungen, wie Schlaflosigkeit, Brechanfälle, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl oder Appetitlosigkeit, mit den Einnehmen der Psychostimulantia verbunden sind. Sogar drastische Gewichtsabnahmen und Wachstumsdepressionen wurden in fundierten Langzeituntersuchungen festgestellt. Es zeigte sich auch, dass die Pillen die Lernfähigkeit keineswegs verbessern, sondern vorhandene Erziehungs- und Lernprobleme verschleiern. Tatsächlich kommen Kinder, Eltern und Lehrer in eine verhängnisvolle Abhängigkeit von der Droge.

 

In der Bundesrepublik ist die Situation auf diesem Gebiet äußerst undurchsichtig. Deutsche Befürworter der Drogenbehandlung - insbesondere verschiedene Kinder- und Jugendpsychiater - stützen sich auf amerikanische Kollegen und preisen in Veröffentlichungen die Stimulantia als "akzeptierte" Therapie an. Die Kritik gelangte jedoch nicht zu uns oder wurde verschwiegen. Dass bei uns verhaltensauffällige Kinder Amphetamine verordnet bekommen, gilt als sicher. Um nun Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen, haben sich bereits Landtagsabgeordnete eingeschaltet. Der Arzt Dr. med. Fritz Flath (FDP), der Gymnasialprofessor Hans Zehetmair (CSU) und die Ärztin Dr. med. Elisabeth Hamann (SPD) verlangen in schriftlichen Anfragen - basierend auf der Sachvorlage der Kommission - von der bayerischen Staatsregierung u.a. genaue Auskunft darüber, wie viele Schüler in Bayern bereits mit den Stimulantia behandelt und ob die Eltern über die Nebenwirkungen hinreichend aufgeklärt werden.

 

Auf der Pressekonferenz betonte der Kinderarzt Dr. med. Rolf Ullner, dass verhaltensauffälligen Kindern nicht mit Drogen, sondern bewegungstherapeutisch und mit pädagogischen Maßnahmen geholfen werden kann, aber auch gleichzeitig die Bedingungen untersucht werden müssen, welche diese Störungen hervorrufen. Als Beispiel wies er auf den viel zitierten "Schulstress" hin. Der Diplompsychologe Manfred Weisbarth führte aus, dass nach seinen Erfahrungen eine Drogenbehandlung lediglich eine Problemverlagerung und Symptomunterdrückung bewirkt, die für die betroffenen Kinder keine Hilfe darstellt. Aufschlussreich ist auch eine jüngst veröffentlichte Langzeitstudie des kanadischen Kinderarztes Prof. K. Minde, auf die in der Sachvorlage der Kommission hingewiesen wird. Sie ergab: Als "hyperaktiv" eingestufte Kinder entwickeln sich im späteren Leben völlig normal und sind eben aktiver als andere Erwachsene. Auch daraus lässt sich ableiten, dass Eltern und Erziehern mit der Drogenbehandlung eine falsche Lösung für Probleme mit Kindern vorgetäuscht wird.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.