Psychiatrieskandal: Untersuchung muss ehrlich sein

 

München, den 16.10.1978

 

Einen ersten Erfolg ihrer Bemühungen sieht die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (München) in der Entscheidung von Gesundheitssenator Erich Pätzold, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um die umstrittenen Zustände in der Westberliner Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik zu überprüfen.

 

Die Kommission hatte unmittelbar nach Bekanntwerden des Psychiatrieskandals in einem Schreiben an Pätzold diesen Schritt im Sicherheitsinteresse der untergebrachten Patienten gefordert.

 

Scharf kritisiert die Kommission jedoch Teile der Antwort des Gesundheitssenators auf kritische Fragen der Abgeordneten Heinz Schicks (CDU) und Arnold Krüger (FDP) sowie die beabsichtigte Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses.

 

Ausführungen Pätzolds, dass es "die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik schwer habe, als eine sich den heutigen Forderungen entsprechenden Klinik zu präsentieren" sind nämlich wenig hilfreich, wenn Klinikchef Professor Keup - wie in mehreren Fällen geschehen - Todesfälle nicht ordnungsgemäß meldet oder selbst in geschlossenen Abteilungen ein reger Drogenhandel stattfindet. Ein ehemaliger Patient stellte dazu unverblümt fest: "Wer dazu verdammt ist, hier längere Zeit bleiben zu müssen, wird diese Klinik kränker verlassen, als er hineingegangen ist."

 

Angesichts dieser Umstände ist es nach Ansicht der Kommission völlig unangebracht, wenn der Untersuchungsausschuss aus "klinisch tätigen Psychiatern" zusammengesetzt werden soll, wie es Gesundheitssenator Pätzold in Aussicht gestellt hat. Zumindest ein Vertreter der Deutschen Akademie für Psychoanalyse - die entscheidend zu der Aufdeckung der skandalösen Zustände beigetragen hatte - und engagierte Politiker aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien müssten dem Untersuchungsausschuss angehören. Nur so ist eine vollständige Aufklärung der Zustände gewährleistet und können die notwendigen Konsequenzen gezogen werden, um die unveräußerlichen Persönlichkeitsrechte der Patienten in Zukunft zu sichern. Andernfalls ist zu befürchten, dass diese Chance einer Reform vertan wird und allenfalls die Situation der Patienten in der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik von der Klinikleitung mit Entschuldigungen und Rechtfertigungen beschönigt wird.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.