Gegen Elektroschocks

Kommission kämpft gegen schädliche Behandlung

 

München, den 1. 10. 1977

 
Die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." hat auf einer Pressekonferenz in München die Abschaffung der Elektroschockbehandlung gefordert.

 

Aus einer - zu diesem Anlass der Presse vorgelegten - Dokumentation geht hervor, dass die Elektroschockbehandlung noch immer in etwa 70 % der psychiatrischen Krankenhäuser durchgeführt wird, was aber noch keinen Aufschluss über den wirklichen Umfang der "Heilung aus der Steckdose" gibt. Zu diesem Ergebnis kam die Kommission aufgrund einer Umfrage, die bei allen Direktoren größerer psychiatrischer Einrichtungen durchgeführt wurde.

 

Auf der Konferenz analysierte der Psychologe und international bekannte Schriftsteller Theodor Weißenborn die auf die Umfrage eingegangenen Antwortschreiben der Klinikdirektoren. Er kam dabei zu dem Schluss, dass es keine Indikation für eine Elektroschockbehandlung gibt. Als Beweis führte Weißenborn die Schreiben fortschrittlicher Klinikleiter an, die den Elektroschock gänzlich aus ihrem Therapieprogramm verbannt haben.

 

Erstmalig hatten auch betroffene Patienten Gelegenheit Pressevertreter über Schäden, die sie durch die unspezifisch robuste Starkstrombehandlung erleiden mussten, direkt zu informieren.

 

Der 1. Vorsitzende der "Patientenhilfe", Dr. Dietmar Stutzer, wies eindringlich darauf hin, dass es gegen diese Art von schädlicher Behandlung bisher keine ausreichenden rechtlichen Mittel gibt und verlangte von der Legislative hier Abhilfe zu schaffen.

 

Ein Sprecher der Kommission beklagte, dass mit der Schockbehandlung Stromexperimente an kranken Menschen vorgenommen werden. Er führte in diesem Zusammenhang aus, dass bis heute mehr als 50 verschiedene Theorien über die angebliche Wirkungsweise des Elektroschocks bekannt geworden sind, dass jedoch keine in irgendeiner Weise stichhaltig ist. Weiter sagte er dazu: "Den besten Beweis für den experimentellen Charakter dieser Methode erbrachten Schockanhänger selbst: In einer englischen Klinik wurde zweieinhalb Jahre lang "erfolgreich" geschockt, bis Techniker feststellten, dass das Schockgerät überhaupt nicht funktionierte".

 

Kommissionsvorsitzender Dieter Storz betonte, dass der Elektroschock mit der Einführung der Psychopharmaka zwar eine Modifikation erfahren hat, aber grundsätzlich keine Änderung erfolgte. Wenn auch Muskelrisse und Knochenbrüche durch den dramatischen Krampf des Patienten - in der Fachsprache Hampelmannstellung genannt - nicht mehr eintreten, so geht der Stromstoß von 60 bis 130 Volt doch wie bei den früheren Behandlungsmethoden mitten durch das Gehirn und richtet Schaden an; wie durch wissenschaftliche Arbeiten nachgewiesen wurde.

 

Die Kommission bezweifelt auch, dass Patienten und Angehörige über die möglichen Schäden und Folgen des Elektroschocks - vor allem Gedächtnisstörungen - hinreichend aufgeklärt werden. Durch behutsame Namensnennung des Elektroschocks, der als Heilkrampf, Elektrokonvulsion oder Elektrokrampftherapie beschönigt wird, können damit konfrontierte Patienten und Angehörige möglicherweise getäuscht werden.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.