Professor Sigusch besorgt über die Praxis der Psychochirurgie

Persönlichkeitssenkung durch Hirneingriffe

 

München, den 26. Mai 1977

 

Als eine Bedrohung für die Allgemeinheit bezeichnete der international renommierte Frankfurter Medizinprofessor und Sexualforscher Dr. Volkmar Sigusch die Praxis psychochirurgischer Gehirneingriffe in der Bundesrepublik. Diesen schweren Vorwurf erhebt der Mediziner anhand einer detaillierten wissenschaftlichen Arbeit, die auf einer großen Zahl von Materialrecherchen und Fallstudien basiert, und die zeigt, dass selbst bei Indikationen wie Angst, Spannung, Depressionen und Suchtverhalten schon gewebszerstörende Operationen zur Anwendung kommen.

 

Besonderen Anstoß nimmt Prof. Sigusch an den Wirkungen dieser Eingriffe, die oft nicht in der üblichen Untersuchungssituation, sondern erst im Alltagsleben und am Arbeitsplatz zu erkennen seien. Eine eventuell geringfügigere Persönlichkeitssenkung könne oft nur von nahestehenden Personen im Vergleich mit der "präoperativen Persönlichkeit" oder beim längeren Zusammenleben erfasst werden.

 

Durch Beobachtungen wurden hauptsächlich folgende Eigenschaften bei Operierten registriert. Sie sind reizabhängig, beeinflussbar, unempfindlich für differenzierte Gefühlsbeziehungen, daher oft taktlos, läppisch, "sittlich depraviert", auf unmittelbare Triebbefriedigung gerichtet, der Abstraktionsfähigkeit beraubt und im Erleben eingeengt.

 

In Fachkreisen, so z. B. Ärztegesellschaften, Psychoanalytiker, sowie die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (München) stoßen die Argumente von Prof. Sigusch auf uneingeschränktes Verständnis.

 

Breite Zustimmung findet Sigusch in erster Linie mit seiner Kritik am Experimentalcharakter, der, so der Medizinprofessor, vor allem durch die Diskrepanzen zwischen den verschiedenen Operationszielgebieten der Hirnchirurgen offensichtlich wird.

 

In all dem sieht Prof. Sigusch Grund genug, ein "auf der Stelle rechtlich wirksames und kontrolliertes Verbot derartiger Hirneingriffe" zu fordern.

 

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.