Kritik an der Psychiatriedebatte im Bundestag

An den wirklichen Problemen vorbeigegangen

 

München den 17. 10. 1979

 

Scharfe Kritik an der Psychiatriedebatte im Bundestag übte jetzt in einer Stellungnahme die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (Sitz München). Man müsse Vorurteile - die auf die Ausrottung Geisteskranker im Naziregime zurückgeführt wurden - gegen psychisch Kranke in der Bevölkerung abbauen, war der gemeinsame Tenor der Sprecher aller Bundestagsfraktionen bei der Debatte über die Psychiatrie-Enquete. Dazu betont die Kommission, dass die Ursachen für die beklagte Diskriminierung völlig außer Acht gelassen wurden.

 

So sei es noch heute vielfach üblich, psychisch Kranke in psychiatrischen Gutachten mit diffamierenden Wertungen als gemeingefährlich abzustempeln, denen die Betroffenen praktisch wehrlos ausgeliefert sind. Aber auch das Dogma der "Erbkrankheit", das im Dritten Reich eine so verhängnisvolle Rolle spielte, wird weiterhin von führenden Psychiatern beharrlich in Untersuchungen vertreten (Max-Planck-Institut für Psychiatrie). Kein Bundestagsabgeordneter protestierte gegen die Forderung der Enquete-Psychiater: "Eine gesetzliche Regelung, die auch die Sterilisierung solcher geistig behinderter Personen zulässt, die einwilligungsunfähig sind und bei denen der Eingriff in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse angezeigt ist, wäre anzustreben." Eine derartige Regelung wurde schon einmal vor 40 Jahren, selbstverständlich auch im "wohlverstandenen Interesse" der Betroffenen praktiziert. Ebenso wenig wurden die verheerenden Folgen gewisser verhaltensmanipulierender psychiatrischer Praktiken, wie Elektroschock oder Psychochirurgie, diskutiert. Dabei werden die Patienten oft ihrer grundgesetzlich garantierten Rechte auf körperliche und geistige Unversehrtheit beraubt. Kriminelle Handlungen, Selbstmorde oder ein "sozialer Tod" wurden als Resultate derartiger Experimente bekannt. Mit der Forderung nach einer einheitlichen Regelung der Postkontrolle stellen die psychiatrischen Enquete-Experten Kranke erneut auf eine Stufe mit Terroristen, was einer ungeheueren Diffamierung gleichkommt.

 

Ebenso kritisiert die Kommission die von Bundesgesundheitsministerin Antje Huber angekündigten "Modellversuche", für die bereits über 70 Millionen Mark bereitgestellt wurden, und die beabsichtigten "präventiven Maßnahmen". In der Vergangenheit wurden schon zu viele psychiatrische Einrichtungen als "wegweisend" oder "modellhaft" gepriesen, bevor sie wieder in Vergessenheit gerieten. Genauso verhält es sich mit den angekündigten präventiven Maßnahmen. Die Psychiatrie-Enquete geht nämlich davon aus, dass jeder dritte Bundesbürger psychiatrischer Behandlung bedarf, was sehr schnell in einem "psychiatrischen Staat" und mit Totalitarismus enden könnte.

 

 

_______________________________________________________

Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.