Appell an Berliner Abgeordnete

Rasche Reform des Unterbringungsgesetzes gefordert

 

In einem an alle Abgeordneten und die zuständigen Senatoren gerichteten Schreiben hat die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." (Sitz München) an die Politiker appelliert, sich für eine rasche Reform psychiatrischer Behandlungsmaßnahmen und des Berliner Unterbringungsgesetzes einzusetzen.

 

Die Kommission entschloss sich zu diesem Vorstoß, nachdem aus den Skandalen in der Karl-Bonhoeffer-Klinik trotz mehrfach angekündigter Untersuchungsausschüsse offenbar keine Konsequenzen gezogen wurden, um die körperliche und geistige Unversehrtheit von Patienten zu schützen. Nur Klinikdirektor Prof. Keup kündigte seinen Rücktritt an. Eine Prüfung des derzeit geltenden Unterbringungsgesetzes aus dem Jahre 1958 enthüllte erhebliche Mängel, die der Gefahr Vorschub leisten, dass Bürger hinter den Mauern psychiatrischer Anstalten verschwinden, ohne dass dafür rechtfertigende Gründe vorliegen. Zugleich sind viele Patienten in der Psychiatrie einem gefährlichen Zwang zur Behandlung ausgesetzt, bei der den Patienten keine Chance zur Mitentscheidung mehr bleibt. Dadurch haben psychisch Kranke Angst vor den schädlichen Folgen psychiatrischer Behandlung und befürchten einen Verlust ihrer persönlichen Freiheit.

 

In diesem Zusammenhang kritisiert die Kommission besonders die gleichgültige Haltung des Gesundheitssenators. Der zuständige Referent der Behörde teilte auf Anfrage mit, dass es wohl noch ein bis zwei Jahre dauern wird, bis eine Neuregelung des Unterbringungsgesetzes in Angriff genommen wird. Gerade angesichts der Todesfälle und der Selbstmorde, die aus der Karl-Bonhoeffer-Klinik bekannt wurden, ist dieses Desinteresse erschreckend.

 

Um diesen Missständen wirksam zu begegnen, hat nun die Kommission den Abgeordneten zusammen mit dem Schreiben eine umfassende Dokumentation zugestellt, die einen kompletten Entwurf zur Änderung des Berliner Unterbringungsgesetzes enthält. Indem Entwurf - der auf der Allgemeinen Erklärung für Menschenrechte und der Empfehlung des Europarats zur Lage der Geisteskranken basiert - werden hauptsächlich folgende Reformen vorgeschlagen: Die Voraussetzungen für eine zwangsweise Unterbringung werden eng eingegrenzt. Psychiatrische Gutachten sollen nur Fakten enthalten und keine diffamierenden Mutmaßungen. Patienten oder deren Angehörigen soll das Recht eingeräumt werden bestimmte Behandlungsarten - nach umfassender Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen oder schädliche Folgen - abzulehnen. Verhaltensmanipulierende psychiatrische Praktiken, wie Elektroschock oder Psychochirurgie, sollen ganz verboten werden. Damit soll endlich den unveräußerlichen Persönlichkeitsrechten psychisch Kranker Rechnung getragen werden, damit ihnen nicht noch länger Vorurteile aus der Nazizeit anhaften.

 

Um ihrer Forderung nach einer humanen Reform des Berliner Unterbringungsgesetzes an Ort und Stelle Nachdruck zu verleihen, will die "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e.V." in wenigen Wochen in Berlin einen eigenen Landesverband gründen.

 

 

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Die KVPM wurde 1972 in München von Mitgliedern der Scientology Kirche gegründet und gehört zum weltweit größten Netzwerk zur Aufdeckung von Missbräuchen in der Psychiatrie.